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Wie entsteht eine neue Apfelsorte ?


Um eine neue Apfelsorte zu entwickeln, ist sehr viel Arbeit notwendig. Unsere kultivierten Apfelsorten werden im Normalfall vegetativ vermehrt. Das heisst, dass man von ausgewählten Bäumen Zweige nimmt und auf einen andern Baum aufpfropft (veredelt). Auf diese Art wird die Apfelsorte vermehrt, und es können immer wieder junge Bäume veredelt werden.

Würde man von dieser Apfelsorte die Samen nehmen und daraus einen Baum wachsen lassen, dann würde dieser Baum ungefähr die gleichen Früchte liefern wie der Mutterbaum. Aber der Baum wäre in den meisten Fällen schwach, krankheits- oder krebsanfällig, oder er würde zu schnell oder zu langsam wachsen. Deshalb wird jeder Apfelbaum auf einer Unterlage, d.h. einem Apfelbaum einer andern Sorte, aufgebaut und in der Baumschule veredelt; er besteht danach aus zwei oder manchmal auch aus drei Teilen. Es ist möglich, mehrere Sorten auf einen Baum zu "zweien". Siehe unser Bild vom 10-Sortenbaum in Affoltern.

Wildapfel

So werden bei uns die Aepfel genannt, die nicht veredelt wurden oder unkontrolliert gewachsen sind.

Füglister beschreibt die Nützlichkeit der richtigen Wildäpel für die Resistenzzüchtung ausführlich, deshalb verzichten wir auf weitere Worte.

www.fueglister.ch/produkte/aepfel/

"Dekoapfel"

Dieser Apfel ist auch ein Wildapfel, wird bei uns vor allem von Floristen als Dekoration verwendet.

Kreuzen von Apfelsorten

Um eine wirklich neue Sorte zu erzeugen, kreuzt man verschiedene Sorten miteinander. Dazu muss man Apfelblüten einer Sorte mit dem Blütenstaub einer andern Sorte bestäuben. Es genügt nicht, einfach fremden Blütenstaub auf die Blüten eines Baumes zu bringen. Man muss auch verhindern, dass die Blüten trotzdem noch mit Pollen vom gleichen Baum befruchtet werden. Aus dieser Blüte wächst ein Apfel, der genau gleich aussieht wie die Aepfel des Mutterbaumes. Aber dessen Kerne tragen die Erbanlagen der gekreuzten Sorte. Diese Kerne werden dann auf geeignete Art gelagert (konditioniert) und im Frühling ausgesät. Die jungen Bäumchen werden überwacht und sobald als möglich vorselektioniert. Sind sie anfällig auf Mehltau oder sonstige Krankeiten, werden sie ausgemerzt. Sobald die Bäumchen gross genug sind, nimmt man Zweige und veredelt sie auf eine schwachwüchsige Unterlage. Etwa 5 Jahre nach der Kreuzung kann man jetzt die ersten Aepfel der neuen Sorte erwarten. Die meisten Aepfel aus einer solchen Kreuzung sind essbar. Aber nur aus einem von 1000 oder gar 10000 solcher Kreuzungs-Experimente entsteht eine neue Sorte, die soviel besser ist als ihre Ausgangs-Sorten, dass es sich lohnt, sie weiter zu züchten. Bis eine neue Sorte sich verbreitet und in den Handel kommt, vergehen 10 oder auch 15 Jahre.

Nummernapfel

Dieser Apfel ist eine Züchtung, die den Ansprüchen nicht genügt hat. Der Apfelbaum ist für immer eine Nummer geblieben. Er fristet sein Dasein in einer grossen Hochstamm-Apfelplantage in Mettmenstetten. Die Aepfel seien nicht besonders gut, sind aber käuflich. Fam. Keller, Schürenweid, Mettmenstetten.

Resistenz-Züchtung

In jüngerer Zeit wurden in den Ostblock-Staaten Aepfel gezüchtet, die nicht mehr anfällig gegen die Hauptkrankheit der Aepfel, den Schorfpilz, sind. Warum gerade in den Ostblock-Staaten ? In einer Zeit, da bei uns mit massivem Pflanzenschutzmittel-Einsatz auch anfällige Obstsorten kultiviert wurden, fehlte in diesen Ländern das Geld für Spritzmittel. Aber Arbeitskräfte, um resistente Bäume zu züchten, gab es genug. Heute sind solche Sorten (z.B. Pinova) bei uns im Handel, und Spritzmittel werden für solche resistenten Aepfel gar nicht oder nur in geringen Mengen verwendet. - Allerdings wird das nicht ewig so bleiben. Mit der Zeit werden neue Formen von Schädlingen auch diese heute resistenten Sorten angreifen.

Zufalls-Funde, Mutationen

Manchmal nimmt uns die Natur die Arbeit ab. Ein Obstbauer entdeckt bei sich einen Baum mit einer neuen Apfelsorte, der anscheinend von selber entstanden ist und sich wesentlich von seinen "Eltern" unterscheidet. Das ist zum Beispiel beim Golden Delicious oder bei EFA Blauacher passiert. Der berühmte Boskoop soll als fruchtender Trieb einer Sämlings-Unterlage 1856 in Boskoop (Niederlande) entdeckt worden sein.

Januar 2003 / U. Roos