Begeisterung, die ansteckt
Eigentlich wollte die Familie
Caflisch in Hausen nach zwei Jahren mit stürmischen Ferien wieder eine weniger turbulente Sommerzeit verleben.
Doch schliesslich konnte sie - zum Glück! - dem Erwartungsdruck nicht widerstehen. Und so kam dieses Jahr
Niccolo Piccinnis Oper "La Cecchina" zur Weltpremiere in einer Scheune.
Von Ernst Schlatter
Nur schon diese Scheune! Auf drei Ebenen - den Zuschauerraum inbegriffen, in mindestens drei direkt einsehbaren
Räumen, auf zwei Balkonen und einem für das Orchester reservierten Scheunenabteil wird gespielt, gesungen
und musiziert. Eigentlich schon beim Betreten des denkmalgeschützten "Grandezza" an der Zugerstrasse
18 in Hausen wird der Besucher von der eigentümlichen Atmosphäre in den Bann gezogen: die Bar, das auf
die Oper abgestimmte Menü und die steinerne Wendeltreppe, welche in den "Opernsaal" hinaufführt,
versetzen den Besucher jedes Mal in eine eigenartige, erwartungsfrohe Stimmung, welche durch die Aufführung
nicht enttäuscht wird.
Opernhaft bis ins kleinste
Detail
Im Gegenteil: Was die über 30 jungen Leute zwischen 15 und 27 Jahren unter der musikalischen Leitung von Christof
Brunner und in der Inszenierung der "aemtlerbühnenerfahrenen" Hausherrin, Mengia Caflisch, mit grossem
Impetus aber auch bestimmt mit einem Riesenaufwand an Fronarbeit während der Vorbereitungszeit erarbeitet
haben, überzeugt, reisst mit, begeistert.
Und bestätigt einmal mehr: Mit unserer Jugend ist viel zu erreichen, wenn man ihr die Möglichkeiten eröffnet
und an sie glaubt. Was diese Jungen - nebst der künstlerischen Bereicherung - an Sozialkompetenz dazu gelernt
haben, ist wohl schwer abschätzbar, aber bestimmt von bleibendem Wert.
Da war bei den Proben sicher nicht immer nur eitel Freude, da musste auch fachkompetente Kritik eingesteckt werden
und da musste von allen Beteiligten Hand angelegt werden, um in der Scheune diese so stimmige Atmosphäre zu
schaffen, diese historisch korrekten Kulissen zu produzieren und die passenden Kostüme und Requisiten heranzuschaffen
oder selber zu kreieren. Die gelungene Aufführung ist der verdiente Lohn für diese Mühen.
Bei der Premiere von vergangenem Freitagabend sprang der Funke schon im ersten Auftritt über auf das Publikum.
Immer wieder spendete es spontanen Szenenapplaus. Die Soli, die Duette, die Orchestereinsätze und die schwierigen
Massenszene am Schluss gelangen noch besser als in der Generalprobe.
Fast mochte man es nicht glauben: alle Sängerinnen und Sänger sind erst am Anfang einer Gesangsausbildung,
ein Teil der Orchestermitglieder steht mittlerweile im Musikstudium; einzig der musikalische Leiter, Christof Brunner,
ist ein schon bestandener Dirigent. Einen grossen Anteil zum Gelingen ist dem Cembalisten Marco Castellini zu verdanken,
welcher die Einstudierung der Sängerinnen und Sänger mit vielen Zusatzproben besorgte.
Zum Stück
Die vorklassische Oper "La Cecchina" - eigentlich eine Opera Buffa - von Niccolo Piccinni (1728 bis 1800)
basiert auf einem Libretto von Carlo Goldoni und wurde 1760 in Rom uraufgeführt. Eine wundersame Geschichte,
welche Symbole aus der Natur und das damals aktuelle Thema der Standesunterschiede - in der Zeit vor der französischen
Revolution waren unstandesgemässe Ehen höchst unstatthaft - aufnimmt und nach vielen Irrungen, Wirrungen,
Enttäuschungen, Verstrickungen und wundersamen Entwirrungen zu einem glücklichen Ende und zu einer mehrfachen
Hochzeitsfeier führt.
Spielfeld für menschliche Gefühlsregungen
Ein Spielfeld also, in dem so ziemlich alle menschlichen Gefühle - edle wie auch höchst verwerfliche
- zum Zuge kommen: enthüllend und oft auch urkomisch selbstironisch - also wie geschaffen für eine jugendliche
Truppe.
Sehr zum Gelingen tragen die vielen, "hausgemachten" Regie-Ideen bei: Ein kurzes Schattenspiel, in dem
eine Rückblende auf die Ereignisse während der Kriegswirren 20 Jahren vorher ermöglicht wird oder
das Kindheitserinnerungen evozierende Symbol der Schaukel - um nur wenige zu nennen.
Und doch war die Bühne (zwölf Meter breit, fünf Meter tief) nie überladen und liess den Akteuren
Raum, um sich sowohl schauspielerisch wie sängerisch zu entfalten. Oft lässt die Präsenz der Akteure
bei Szenen mit mehr als zwei Personen zu wünschen übrig. Nicht so bei der Truppe von "OpernHausen":
Hier wurden so ziemlich alle Mittel ausgeschöpft (Mimik, Gestik, Körpersprache), um den emotionalen Gehalt
des Textes zu transportieren.
Die weiteren Aufführungsdaten
Alle Vorstellungen sind ausgebucht!
Restauration und Bar ab 18 Uhr. Pro Aufführung gibt es nur gut hundert Plätze, deshalb wird empfohlen,
die Billette zu reservieren unter Tel. 01 764 07 52 (18 bis 21 Uhr oder unter tickets@opernhausen.ch. Bilder zur Aufführung
sind ab sofort einsehbar unter www.opernhausen.ch
Bilder: