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Lebensnahe Szenen aus dem Oberamt
Rifferswiler Dorffest unter dem Motto "Textil in Rifferswil"
Das Textilfest vom vergangenen Wochenende bot mit einem reichhaltigen Programm Einblick in die Bedeutung der Textilindustrie
im Oberamt von einst und jetzt.
Von Ernst Schlatter
Mit Liedern aus der Zeit vor 200 Jahren eröffnete der Gemischte Chor Rifferswil am Samstagnachmittag das zweitägige
Dorffest. Gemeindepräsident Jakob Geissbühler gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass es der Museumskommission
unter der Leitung ihres Präsidenten, Kurt Graf, nach 1998 wiederum gelungen war, rund um ein Thema, das eng
mit der Geschichte des Dorfes verknüpft ist, ein Fest für Jung und Alt zu gestalten.
Bunte Palette von Informationen
Erstaunliches gab es da zu sehen, zu hören und zu lesen. Eine eigens für den Anlass gestaltete 48-seitige,
reich bebilderte Broschüre "Textil in Rifferswil" (herausgegeben von der Dorfmuseumskommission Rifferswil)
bildete die Grundlage für die drei Ausstellungen im Gemeindehaus, in der Engelscheune und im Engel. Lebensnahe
Szenen wurden - sowohl in der Broschüre wie auch in den Ausstellungen - dargestellt, abgestützt auf verlässliche
Quellen, Gerichtsprotokolle, Kaufverträge, aber auch auf mündlich überlieferte Begebenheiten. So
wurde eine bunte Palette von Informationen zusammen getragen, einzelne Geschichten, lose aneinander gereiht, die
von Spinnrad und Webstuhl, von der Textilindustrie und vom traditionellen Flachsanbau handeln. Um nur zwei besonders
eindrückliche Zahlen zu nennen: 1857 waren 210 Rifferswiler in der Textilbranche tätig. Die Einwohnerzahl
betrug 541, eine Zahl die erst 1984 wieder erreicht wurde.
Kulturhistorische Rundfahrt mit Oldtimer-Postauto
Zweimal pro Tag konnten Interessierte unter der Leitung von Kurt Graf mit einem Alpen-Wagen Jahrgang 1963 eine
Fahrt zu den Fabriken in Rifferswil und Hausen (Weisbrod-Zürrer) mit einem Abstecher auf den Buchstock und
zum Flachsfeld von Fritz Haller machen und erfuhren dabei vieles zur Bedeutung und über die Zusammenhänge
der Textilindustrie im Oberamt.
Lebendige Vorführungen für Jung und Alt
Grossen Anklang fanden auch die Vorführungen rund um den Flachsanbau und die Leinenherstellung auf dem Dorfplatz:
Riffeln, Brechen, Hecheln und Spinnen wurden demonstriert. Auch die Kleinsten waren aktiv beim Bedrucken von T-Shirts
oder bei einem Plauschwettkampf, dem Riffithlon.
Ein Videofilm und eine Diashow zeigten den Werdegang vom Flachs zum Leinenstoff.
Auch die Unterhaltung kam - bei aller Information - am Rifferswiler Dorffest natürlich nicht zu kurz: einem
Auftritt der "Bäserocker" mit Jürg Rupp im Saal des Restaurants Post folgte am Samstagabend
ein Konzert der Dixieland Band "Toshimingo" im Festzelt.
Mit einem eindrücklichen Festgottesdienst mit Pfarrer Walter Albrecht begann der zweite Tag. Nach dem Festmenu
im Zelt traf man sich in der "Hechelstube" bei Kaffee, Kuchen und zum Austausch der aktuellen Dorfneuigkeiten.
Wer da "durchgehechelt" wurde, entzieht sich der Kenntnis des Schreibenden …
Respekt vor Altem - Mut für Neues
Am Sonntagnachmittag führte Hans Schweizer, der langjährige Dorflehrer und Chronist von Rifferswil, durchs
Oberdorf. Neuzugezogene erfuhren dabei viele Episoden aus dem Leben des schmucken Dorfs.
Der Rifferswiler Bevölkerung ist es über dieses Wochenende wieder einmal bewusst geworden, dass ein Dorffest
mehr als ein kurzlebiger "Event" ist, sondern - wie Jakob Geissbühler bei seiner Begrüssung
sagte, "eine Möglichkeit sich in der Dorfgemeinschaft, die anderen Dorfbewohner und das Dorfleben kennen
zu lernen und dabei Respekt vor Altem und Mut für Neues zu erleben."
"In Heimarbeit wurde nicht nur Gewebe aus Leinen, sondern auch Seidenstoff produziert.
Im Kanton Zürich, und besonders im Knonauer Amt, kam die Seide im 19. Jahrhundert als textiler Rohstoff auf.
Handelsfirmen der Stadt Zürich verteilten die Rohseide, die sogenannte Grège, in die Dörfer und
auf die Höfe. Hier wurde sie im Lohn in Heimarbeit verarbeitet und nachher wieder eingesammelt. Doch auch
diese mit Pferd und Karren umherziehenden "Fergger" verschwanden mit der Zeit. Immer mehr Seidenfabriken
wurden, im Zug der allgemeinen Industrialisierung, gebaut. So auch in Hausen, Oberrifferswil, Affoltern, Ottenbach
und Birmensdorf. Heute noch zählt die Seidenstoffweberei Weisbrod-Zürrer in Hausen zu den weltweit führenden
Unternehmen dieser Branche. ( ….) Es ist daher verlockend und spannend, diesen Traditionen der Landwirtschaft und
der Textilindustrie über die verwendeten Geräte bis hin zu den typischen Häusern und Landschaftsnamen
genauer nachzuspüren."
(aus: "Textil in Rifferswil", herausgegeben von der Dorfmuseumskommission Rifferswil, zu beziehen auf
der Gemeinderatskanzlei im Gemeindehaus Rifferswil) (eschla) |
Bilder: (Bild 3 ist Hochformat mit Kirche Rifferswil im Hintergrund)
1 Eröffnung des Dorffestes mit dem Gemischten Chor Rifferswil. (Bild eschla)
2 Gemeindepräsident Jakob Geissbühler bei seinem Grusswort. (Bild eschla)
3 + 3a: Spinnen will gelernt sein … (Bild eschla)
4 Kurt Graf leitet die Rundfahrt im Oldtimer-Postauto von Fredi Räber, Mettmenstetten. (Bild eschla)
4a: Junior-Chef Weisbrod (rechts) informiert über die Geschichte der Firma. (Bild eschla)
5 + 5 a: Auch die Kleinsten aktiv beim "Textilen Gestalten". (Bild eschla)
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