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Ein Stiller im Lande meldet sich zu Wort

Der Affolterner Autor Robert Müller tritt mit seinem Buch „Liebe Leute und böse Gedanken“ an die ÖffentlichkeitRobert Müller

Man würde es ihm wohl nicht geben, wenn man ihm auf dem Affolterner Wochenmarkt am Samstagmorgen begegnet, dass dieser bescheidene Mann, der schon seit 16 Jahren in Affoltern wohnt, Autor mehrerer Bühnentexte, Romane und Gedichte ist. Nun tritt er erstmals mit einem Band von sechs Erzählungen an die Öffentlichkeit. Am Freitag, 24. Mai wird er aus seinen Werken in der Regionalbibliothek lesen.

Von Ernst Schlatter

„Robert Mülller, geboren 1937, aufgewachsen in Zürich, verheiratet seit 1966, Vater einer Tochter, wohnt seit 1986 am Goldigen Berg in Affoltern. In diesem Jahr ist er pensioniert worden.“ So steht es in dürren Worten auf dem Klappentext des bemerkenswerten Prosabandes „Liebe Leute und böse Gedanken“, der kürzlich im rührigen Zürcher Kleinverlag „Nimrod“ erschienen ist. Wenn man nun glaubt, da habe ein Nichtmehrberufstätiger nichts Gescheiteres zu tun gehabt, als seine Memoiren zu schreiben, irrt man gewaltig. „Robert Müller“, – so seine Gattin – „hat schon immer geschrieben: Ich habe meinen Mann nie anders als schreibend erlebt. Er kann nicht ohne schreiben sein. Überall hin kam seine kleine Hermes und kommt nun sein Labtop mit.“

Eine Frage der Zeit

Doch Robert Müller hat es – bis zu diesem Jahr – nie gedrängt, zu veröffentlichen. Seine Bühnenwerke sind denn auch wenigen bekannt. Sie sind aber aller bei der Deutschen Bühnenvereinigung erhältlich. Trotzdem fühlt er sich nicht als verkannter Autor, sondern ist sich bewusst, dass für ihn die Zeit nun reif geworden ist, mit seinen Prosatexten an die Öffentlichkeit zu treten. Mit dem Zürcher Nimrod-Literaturverlag ist es ihm gelungen, sein Vorhaben zu verwirklichen. Zum Inhalt der Erzählungen siehe Kästchen. Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung.

Lesung in der Regionalbibliothek

Am Freitag, 24. Mai um 20 Uhr wird Robert Müller zusammen mit seiner Frau Marie-Louise – einer ausgebildeten Sprecherin – aus seinen Texten lesen und in einem Werkstattgespräch Hintergründe zu seinem Schaffen erhellen. Es ist eine gute Tradition des Teams um die Bibliotheksleiterin Ursula Grob - trotz der Mehrarbeit mit dem Umbau - Autorinnen und Autoren aus der Region, eine (erste) Plattform für ihr Schaffen zu bieten. Anschliessend an die Lesung offerieren die Regionalbibliothek und der Nimrod-Verlag einen Apéro.

eschla wettswil


     
 

Zum Inhalt des Buches von Robert Müller:

„Liebe Leute und böse Gedanken“


Robert Müllers sechs Erzählungen im dreihundertseitigen Erzählband „Liebe Leute und böse Gedanken“, der kürzlich im rührigen Zürcher Kleinverlag Nimrod erschienen ist, spielen fast alle in der Welt (und der Scheinwelt) der Wirtschaft und der Wirtschafter.

Schon die Titel der einzelnen Geschichten lassen aber vermuten, dass der Erzähler einen recht differenzierten, distanzierten, ironischen, mitunter auch sarkastischen Fokus auf diese Welt gerichtet hat.

In „Fehltritte“ wirft Robert Müller einen Blick in die Welt des britischen, nach-imperialen Hochadels, deren Scheinheiligkeit sich bei einem Essen im Stammlokal von Sir Henry auf köstlich handgreifliche Weise entlarvt.

David und Goliath“, eine Art Parabel, in deren Zentrum ein korrupter Grossgrundbesitzer (Goliath) steht, dessen Gewinnsucht durch die List eines scheinbar unbedeutenden Dorfbewohners (David) in die Schranken gewiesen wird.

In „Frau Sybilles Irrtum“ geht es um die ungewöhnliche Lösung in einem Scheidungsprozess in der besseren Gesellschaft.

Auch in „Hitzestau“ ist die Haupthandlung ein Prozess: eine hintergründige Geschichte um Wasserrechte mit viel Symbolik.

Jakob Reinlich“, die letzte und längste Erzählung des Bandes, zeigt einen älteren Herrn, der sich erst nach dem Tod seiner Frau Wilma, von den Erwartungen seiner Verwandtschaft (auch noch den scheinbaren Erwartungen seiner verstorbenen Frau!) lösen kann und sich – endlich - durchringen kann, zu seinen eigenen, nicht nur „reinlichen“ Wünschen zu stehen …

Prägnant und witzig

Robert Müllers Sprache ist prägnant und witzig. Seine Dialoge sind träf und authentisch (Der Bühnenautor Müller weiss um die Wirksamkeit pointierter Dialoge!). Er ist ein Meister in der Verwendung aussagekräftiger Symbole, wenn er dabei manchmal auch an Grenzen stösst, wie in „Hitzestau“, eine Erzählung, die bestimmt durch etwas mehr Raffung gewinnen würde.

Ein Buch also, das überrascht und neugierig macht, was dieser „Stille im Lande“ noch zu sagen hat, liegen doch noch viele Texte (Romanfragmente, Gedichte und Aphorismen) fast druckfertig vor.

Der Band „Liebe Leute und böse Gedanken“ aus dem Zürcher Nimrod Literaturverlag ist im Buchhandel erhältlich für Fr. 35.-- .

Lesung in der Regionalbibliothek: Freitag, 24. Mai, 20 Uhr. Eintritt frei. Anschliessend an die Lesung Werkstattgespräch und Apéro, gespendet von der Regionalbibliothek und dem Nimrod Verlag. (eschla)