Leserbrief von Hr. Peter Aebersold zum Theaterstück, 6. Juni 2004
Die Ämtler Bühne hat sich in den letzten 20 Jahren dank hervorragender schauspielerischer Leistungen und professionellen Inszenierungen einen Namen weit über das Säuliamt hinaus geschaffen. Auch die diesjährige Jubiläums-Aufführung „Uränkel und Revoluzzer“ zeichnet sich durch hohes schauspielerisches Niveau und eine einfallsreiche Inszenierung aus. Trotzdem hält sich die Begeisterung des Publikums über dieses historische Stück zum 200. Jahrestag des Bockenkrieges in Grenzen.
Warum?
Die Schweizer sind ein eigenartiges Volk. Während die Völker Europas ihrer Helden mit Stolz und gross
angelegten Feiern, wie diejenigen zum 60. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie gedenken, versuchen
wir die Frauen und Männer, die für uns weltweit einzigartige Freiheits- und Souveränitätsrechte
erkämpft und dafür auch mit dem Leben bezahlt haben, der Lächerlichkeit preiszugeben und vom Denkmal-Sockel
zu stürzen. Wir machen selbst vor der Generation unserer Eltern nicht halt und werfen ihnen im Bergierbericht
indirekt sogar vor, dass sie es fertig gebracht haben, mit Hilfe der bewaffneten Neutralität die Schweiz vor
dem Zweiten Weltkrieg zu verschonen. Vielleicht ist unser Unbehagen vor zuviel Patriotismus und Personenkult ein
notwendiger Teil unseres Demokratie- und Freiheitsverständnisses, dass eine natürliche Abwehr vor dem
Anschluss an totalitäre und zentralistische Regimes beinhaltet.
Wenn das neueste Stück der Ämtler Bühne Anstoss gibt, uns bewusst zu machen, dass wir die Freiheiten,
für die unsere Märtyrer mit dem Leben bezahlt haben, wieder verlieren können und deshalb auch wir
für deren Erhalt kämpfen müssen, dann hat es trotzdem der direkten Demokratie einen wichtigen Dienst
erwiesen.
P. Aebersold, Zürich